Sie hängte mir das Zerbrechen eines Fünf-Millionen-Euro-Geschenks an, und August zwang mich, auf den Glasscherben zu knien, bis meine Knie bluteten. Sie beschuldigte mich fälschlicherweise eines Angriffs auf einer Gala, und er ließ mich verhaften, wo ich in einer Zelle blutig geschlagen wurde.
Dann, um mich für ein Sexvideo zu bestrafen, das ich nie veröffentlicht hatte, entführte er meine Eltern.
Er zwang mich zuzusehen, wie er sie von einem Kran an einem unfertigen Wolkenkratzer baumeln ließ, hunderte Meter über dem Boden. Er rief mich an, seine Stimme kalt und überheblich.
„Hast du deine Lektion gelernt, Clara? Bist du bereit, dich zu entschuldigen?“
Während er sprach, riss das Seil. Meine Eltern stürzten in die Dunkelheit.
Eine schreckliche Ruhe überkam mich. Der Geschmack von Blut füllte meinen Mund, ein Symptom der Krankheit, von der er nichts wusste.
Am anderen Ende der Leitung lachte er, ein grausames, hässliches Geräusch. „Spring doch vom Dach, wenn es so weh tut. Das wäre ein passendes Ende für dich.“
„Okay“, flüsterte ich.
Und dann trat ich über die Kante des Gebäudes in die leere Luft.
Kapitel 1
Die Nadel für die Knochenmarkentnahme war dick und kalt.
Clara Schmidt lag auf dem sterilen Krankenhausbett, ihr Rücken war entblößt. Sie sah das Instrument nicht an, aber sie konnte seine Anwesenheit spüren, ein Versprechen auf den Schmerz, der kommen würde.
Der Arzt erklärte den Eingriff noch einmal, seine Stimme war sanft, aber das änderte nichts an der Realität. Es würde wehtun. Sehr sogar.
August von Sternberg stand am Fenster, den Rücken zu ihr gewandt. Er war groß, gekleidet in einen maßgeschneiderten Anzug, der mehr kostete als ihr Kleinwagen. Er blickte auf die Stadt hinaus, ein König, der sein Reich überblickt. Seine Verlobte, Helena von Arnim, hatte einen Unfall gehabt. Sie brauchte diese Transplantation, um zu überleben, aber sie konnte den Gedanken an eine Narbe auf ihrer perfekten Haut nicht ertragen.
Also hatte er sich an Clara gewandt.
Seine persönliche Assistentin. Die Frau, von der er glaubte, sie würde für Geld alles tun.
Die Nadel drang in ihre Haut ein.
Clara biss sich fest auf die Lippe, ein scharfer, metallischer Geschmack füllte ihren Mund. Sie weigerte sich, einen Laut von sich zu geben. Sie würde ihm nicht die Genugtuung geben. Ihr Körper spannte sich an, jeder Muskel schrie, als die Nadel tiefer grub, auf der Suche nach dem Mark in ihrem Hüftknochen.
Der Schmerz war ein tiefer, bohrender Schmerz, der durch ihren ganzen Körper ausstrahlte. Sie kniff die Augen zusammen, Schweißperlen bildeten sich auf ihrer Stirn.
Sie schwieg. Es war das Einzige, was ihr geblieben war.
Nach einer gefühlten Ewigkeit war es vorbei. Der Arzt verband die Wunde, seine Berührung war professionell und distanziert.
Langsam und schmerzvoll setzte Clara sich auf. Ihr Rücken pochte mit einer dumpfen, anhaltenden Qual. Mit zitternden Händen zog sie ihre Kleidung an.
Endlich drehte August sich um. Sein Gesicht war so gutaussehend wie immer, aber seine Augen waren kalt, völlig leer von der Wärme, die sie einst für sie gehegt hatten.
„Ist es erledigt?“, fragte er mit flacher Stimme.
Clara nickte, ihrer eigenen Stimme nicht trauend. Sie wollte nur, dass es vorbei war. Sie wollte gehen.
„Unsere Vereinbarung“, brachte sie mit heiserer Stimme hervor. „Ist sie beendet?“
Sie meinte den Vertrag, die verdrehte Abmachung, die sie an ihn band. Den Job. Die endlose, tägliche Folter, in seiner Nähe zu sein.
August verstand falsch. Oder vielleicht wollte er es.
Er griff in seine Anzugjacke und zog ein Scheckbuch hervor. Er kritzelte eine Zahl, riss den Scheck heraus und hielt ihn ihr hin.
„Hier“, sagte er, seine Lippen verzogen sich zu einem Grinsen. „Dein Preis. Du warst schon immer gut darin, Teile von dir zu verkaufen, nicht wahr, Clara?“
Seine Worte trafen sie härter als jeder körperliche Schmerz.
Sie blickte auf den Scheck, dann zurück in sein Gesicht. Das Gesicht, das sie seit ihrer Kindheit geliebt hatte. Das Gesicht, das sie jetzt mit nichts als Verachtung ansah.
Ihre Hand zitterte, als sie danach griff. Ihre Finger streiften seine, und er zuckte zurück, als hätte er sich verbrannt.
Sie nahm den Scheck. Sie brauchte das Geld. Dringend.
Sie faltete ihn sorgfältig und steckte ihn in ihre Tasche, den Kopf gesenkt, um die Tränen zu verbergen, die zu fallen drohten. Sie nahm ihre Tasche und verließ den Raum ohne ein weiteres Wort.
Als die Krankenhaustüren hinter ihr ins Schloss fielen, fühlte sich die Stadtluft kalt auf ihrer Haut an. Sie lehnte sich gegen die Wand, der Schmerz in ihrem Rücken und der Schmerz in ihrem Herzen wurden zu einer unerträglichen Last.
Es war nicht immer so gewesen.
Es gab eine Zeit vor dem Geld, vor dem Hass.
Eine Zeit, in der August von Sternberg kein kaltherziger Milliardär war, sondern nur August. Ihr August.
Er war als Pflegekind in ihre Familie gekommen, ein ruhiger, brillanter Junge, von der Welt verlassen. Die Schmidts nahmen ihn auf, liebten ihn wie ihren eigenen Sohn. Er war der Star ihrer kleinen, glücklichen Familie. Er und Clara wuchsen wie Geschwister auf, aber ihre Bindung war tiefer. Es war eine geheime, unausgesprochene Liebe, die im Schatten der Platane blühte, die sie gemeinsam im Garten gepflanzt hatten.
Er war der Goldjunge, der in allem brillierte, für Großes bestimmt. Clara war sein Schatten, seine Vertraute, die Hüterin seines Lächelns. Im Privaten war er nur ein Junge, der ihre Familie liebte, der sie liebte.
Ihre perfekte Welt zerbrach an dem Tag, als sein leiblicher Vater auftauchte.
Cornelius von Sternberg war ein Name, der in der Tech-Welt Furcht einflößte. Ein rücksichtsloser Titan, der Menschen als Schachfiguren betrachtete. Er wollte seinen brillanten Sohn zurück, und er würde vor nichts haltmachen, um ihn zu bekommen.
Er begann damit, Claras Familie zu zerstören. Ihre Eltern wurden unter mysteriösen Umständen entlassen. Ihr Vater, ein guter und ehrlicher Mann, wurde eines Angriffs beschuldigt, den er nicht begangen hatte. Ihre Mutter wurde Opfer einer Fahrerflucht, ein „Unfall“, der sie verkrüppelt und in ständigen Schmerzen zurückließ.
Cornelius stellte Clara vor eine unmögliche Wahl. Er bot ihr fünf Millionen Euro.
„Nimm das Geld“, hatte er mit emotionsloser Stimme gesagt. „Und sag meinem Sohn, dass du ihn nie geliebt hast. Sag ihm, du hättest lieber das hier als eine Zukunft mit ihm. Oder sieh zu, wie deine Familie komplett zerbricht.“
Um sie zu retten, um August vor dem Gift seines Vaters zu schützen, traf sie ihre Wahl.
Sie stand vor August, dem Jungen, den sie mehr als das Leben selbst liebte, und sprach die grausamsten Worte, die sie je gesagt hatte.
„Ich nehme das Geld, August. Fünf Millionen Euro. Was könntest du mir schon bieten, das mehr wert ist?“
Der Ausdruck in seinen Augen – der rohe, zerbrochene Herzschmerz – war eine Wunde, die sie für den Rest ihres Lebens tragen würde.
Er glaubte ihr. Er ging, ohne sich umzudrehen, sein Herz erfüllt von einem brennenden Verlangen nach Rache an dem Mädchen, das Geld ihm vorgezogen hatte.
Sieben Jahre vergingen.
August kehrte zurück, nicht mehr als ein Junge mit gebrochenem Herzen, sondern als Selfmade-Milliardär, kälter und rücksichtsloser als sein eigener Vater. Und er war gekommen, um sich zu rächen.
Er machte sie zu seiner persönlichen Assistentin, ein Platz in der ersten Reihe für sein neues Leben, seine neue Verlobte und seine endlose, kreative Grausamkeit. Jeder Tag war eine neue Qual, eine neue Erinnerung an ihren „Verrat“.
Clara nahm den Scheck aus ihrer Tasche und sah sich die Zahl an. Es war eine Menge Geld.
Genug für die steigenden Arztrechnungen ihrer Eltern.
Und genug für ihre eigenen.
Was August nicht wusste, was niemand wusste, war, dass Clara Schmidt im Sterben lag.
Leukämie im Endstadium. Die Ärzte hatten ihr Wochen gegeben, vielleicht einen Monat, wenn sie Glück hatte.
Das Geld war nicht für eine Zukunft, die sie nicht hatte. Es war, um es ihren Eltern in der kurzen Zeit, die ihr noch blieb, um für sie zu sorgen, angenehm zu machen.
Sie ging zu einem kleinen, ruhigen Park und setzte sich auf eine Bank. Sie sah wieder auf den Scheck, dann zog sie ihr Handy heraus.
Sie öffnete ihre Nachrichten. Der Chat mit August war ganz oben, angeheftet. Sein Profilbild war ein kaltes Firmenlogo. Ihres war immer noch ein Foto der Platane im Garten ihrer Eltern.
Der Chatverlauf war einseitig. Voll von Nachrichten, die sie getippt, aber nie gesendet hatte.
August, es regnet heute. Erinnerst du dich, wie wir uns einen Regenschirm geteilt haben?
Die Platane ist jetzt so groß. Sie hat bald Geburtstag.
Ich habe dich heute in den Nachrichten gesehen. Du siehst müde aus.
Es waren kleine, erbärmliche Versuche, eine Kluft von sieben Jahren des Schweigens und des Hasses zu überbrücken.
Sie tippte eine neue Nachricht, ihre Finger waren ungeschickt.
August, es tut mir leid.
Sie starrte auf die Worte, ihre Sicht verschwamm.
Was tat ihr leid? Dass sie sein Herz gebrochen hatte? Dass sie ihre Familie gerettet hatte? Dass sie ihn immer noch liebte?
Sie löschte die Nachricht. Es war sinnlos. Er würde sie sowieso nicht sehen. Er hatte sie vor Jahren blockiert.
Der Schmerz in ihrem Rücken war eine ständige, pochende Erinnerung an diesen Tag. Eine physische Manifestation der Wunde in ihrer Seele.
Sie wusste, dass sie seinen Hass verdiente. Sie hatte ihre Wahl getroffen.
Aber manchmal, mitten in der Nacht, wenn der Schmerz sie wach hielt, erlaubte sie sich zu fragen.
Dachte er jemals an sie? An die echte sie? Das Mädchen, das mit ihm auf Bäume kletterte und ihre Träume unter den Sternen teilte?
Oder war sie nur ein Geist, ersetzt durch das geldgierige Monster, das er in seinem Kopf erschaffen hatte?
Sie lehnte den Kopf zurück und spürte eine Welle der Erschöpfung über sich hereinbrechen.
Die Leukämie war ein leiser Dieb, der ihr die Kraft, den Atem, das Leben stahl.
Sie hatte bereits einen Anwalt kontaktiert und alles für die Zeit nach ihrem Tod geregelt. Einen Treuhandfonds für ihre Eltern. Eine einfache, stille Beisetzung.
Sie spürte eine seltsame Ruhe. Eine Befreiung.
Der Kampf war fast vorbei.
Sie dachte ein letztes Mal an August.
Ich liebe dich, dachte sie, die Worte ein stilles Gebet an einen Gott, an den sie nicht mehr glaubte. Das habe ich immer.
Es tut mir leid, dass ich dich mit diesem Hass zurücklassen muss.
Wir sind jetzt quitt, August. Ich schulde dir nichts mehr.
Sie stand auf, ihr Körper schmerzte. Die physische Wunde an ihrem Rücken war frisch und roh, genau wie die alte Wunde in ihrem Herzen.
Sie war jetzt taub gegenüber seiner Kälte. Es war ein vertrauter Schmerz, ein Teil ihrer täglichen Existenz.
Sie war ein Schiff, das langsam in einen dunklen, kalten Ozean sank. Und es gab nichts, was sie tun konnte, um es aufzuhalten.
Aber selbst als sie sank, weigerte sich ein kleiner, hartnäckiger Teil von ihr, vollständig gebrochen zu werden.
Es war der Teil, der den Jungen unter der Platane immer noch liebte.
Eine Liebe, die mit einem Hass verflochten war, der so tief war, dass er sie erstickte.
Liebe und Hass. Das war alles, was ihr geblieben war.