„Kein einziges Indiz darf uns entgehen!“
„Er darf nicht lebend davonkommen!“
Hastige Schritte kamen näher.
Kathryn schoss in die Höhe, bereit zu verschwinden. Doch dann packte eine Hand ihren Knöchel – eine stumme Bitte um Hilfe.
„Bitte… was immer du willst, hilf mir nur…“ Die Stimme des Fremden war kaum mehr als ein Hauch.
Sein Griff wurde schwächer, bis er das Bewusstsein verlor.
Kathryn fasste den Entschluss, dass das Schicksal einem Heiler nie grundlos jemanden in den Weg stellte. Wenn dieser Mann ihr direkt zu Füßen gefallen war, dann war es ihre Aufgabe, ihn zu retten.
Sie griff in ihre Tasche, holte ein kleines Fläschchen hervor, ließ eine Pille in ihre Hand gleiten und schob sie ihm vorsichtig zwischen die Lippen.
Mit jeder Sekunde kamen die Schritte näher. Fackelschein durchschnitt die Dunkelheit.
Den Atem anhaltend, ließ sie sich in die Umarmung des Flusses sinken und zog den Fremden fest an sich.
Kurz darauf durchsuchen schwarz gekleidete Männer das Ufer, ihre Augen scharf und ihre Bewegungen angespannt. Doch die Wasseroberfläche blieb ruhig – kein Hinweis, kein Laut.
Ergebnislos zogen sich die Männer schließlich zurück.
Als wieder Stille herrschte, zog Kathryn den Fremden zurück ans Ufer.
Eiskaltes Wasser lähmte ihre Glieder, während sie zitternd und niesend gegen die Kälte ankämpfte.
Eine schnelle Überprüfung zeigte ihr, dass der Puls des Mannes stabil war – er hielt also immer noch durch.
Ohne auch nur zu zögern, begann sie mit der Wiederbelebung.
Die Zeit verrann, bis der Mann plötzlich heftig zuckte und große Wassermengen hervorwürgte.
Eine sanfte Hand berührte seine Nase, und als Kathryn seinen Atem spürte, entfuhr ihr ein erleichtertes Seufzen.
Der Nebel verzog sich, und silbernes Mondlicht legte sich auf die Szenerie.
Das Gesicht des Fremden wurde sichtbar – auffallend schön, fast zu makellos.
Eine Bewegung fiel ihr auf. Er zuckte erneut.
Langsam öffneten sich seine Lider. Vor ihm kniete ein Mädchen.
Im Mondlicht zeichnete sich das schwarze Halbmond-Tattoo an ihrem Schlüsselbein ab.
Mit letzter Kraft versuchte Evan Knight, ihr Gesicht besser zu erkennen.
Doch die Erschöpfung war zu groß. Seine Augen schlossen sich erneut.
Kathryn blieb ruhig. Eine weitere Pille glitt über seine Lippen.
Während sie ihn nach Wunden absuchte, glitten Mondstrahlen über seinen durchnässten Körper. An seiner Hüfte hatte sich Blut gesammelt – eine tiefe Schnittwunde, doch nicht tödlich. Die Ohnmacht war bloß ein Schutzmechanismus seines Körpers.
Sie riss das durchnässte Hemd auf, reinigte die Wunde und streute Pulver darauf, um die Blutung zu stillen.
Ein Lächeln huschte über ihre Lippen, als sie fertig war. Sie konnte nicht widerstehen – ihre Finger kneiften sanft in seine makellose Wange.
„Zwei meiner seltensten Pillen – nur für dich. Ich hoffe, du bist den Aufwand wert.“
Überzeugt davon, dass er überleben würde, sammelte Kathryn ihre Sachen und wandte sich zum Gehen.
Doch etwas hielt sie zurück – seine Worte hallten in ihrem Kopf nach.
Ihr Blick glitt noch einmal zu ihm zurück, blieb an dem Anhänger auf seiner Brust hängen.
Das Mondlicht ließ den roten Edelstein darin aufleuchten. Ein Stück, das man nicht vergaß – einzigartig.
„Du hast gesagt, was immer ich will. Versprechen interessieren mich nicht. Aber ich habe eine Schwäche für ungewöhnliche Schätze.“
Sie beugte sich vor, schloss die Hand um den Anhänger.
„Du schuldest mir dein Leben. Ich nehme mir nur, was mir zusteht. Jetzt sind wir quitt.“