Die Gäste begannen, untereinander zu murmeln. Der Geistliche behielt einen kühlen Kopf und tat die Sache als kleines Problem ab. Doch als sich die Stille immer weiter ausdehnte, bemerkte sogar er, dass etwas nicht stimmte. Sein Schweigen trug zur plötzlichen Stille in der Halle bei.
Plötzlich ertönte hinter der Bühne ein lautes Knallen. Diejenigen, die in der Nähe der Bühne waren, konnten die Szene beobachten.
Anthony, der Bräutigam, war gerade von seiner eigenen Mutter geschlagen worden. Er riss die Boutonniere von seiner Smokingjacke und stürmte davon.
Währenddessen wartete die zukünftige Braut Claudia Marshall mit ihrem Vater Jace Marshall hinter der Bühne auf ihr Stichwort, ins Rampenlicht zu treten.
„Bist du nervös, Cece?"
Jace tätschelte sanft ihren Arm. Claudia warf ihrem Vater einen verlegenen Blick zu.
Gerade als sie antworten wollte, erregte die gebieterische Stimme von Rachel Nixon, Anthonys Mutter, ihre Aufmerksamkeit. „Anthony, komm sofort wieder her!"
Claudia konnte nicht anders und musste sich umdrehen, als sie Rachels Stimme hörte.
Als sie sich umdrehte, sah sie, wie Anthony an ihr vorbeistürmte.
Sein Blick flackerte, als er sie entdeckte. „Cece, ich entschuldige mich. Es gab einen Notfall mit Delilah. Wir müssen unsere Hochzeit verschieben!"
Er hielt beim Sprechen keine Sekunde inne.
Seine Worte löschten Claudias ganze Begeisterung und Freude aus und ließen sie niedergeschlagen und entmutigt zurück, als hätte man einen Eimer kaltes Wasser über sie geschüttet.
Erst vor wenigen Augenblicken hatte ihr Vater sie gefragt, ob sie Angst habe. Das war sie tatsächlich, allerdings nicht aus den Gründen, die man erwarten würde. Sie machte sich keine Sorgen darüber, Anthony zu heiraten, sondern darüber, ob die Hochzeit reibungslos verlaufen würde, wie diese Frau – Delilah Lopez – ihr in ihrer gestrigen Nachricht versichert hatte!
Jaces Gesichtsausdruck verfinsterte sich. Er hatte seine Angehörigen, Bekannten und Geschäftskontakte eingeladen. Die Hochzeit sollte gerade beginnen und Anthony war in diesem entscheidenden Moment abgehauen!
Als Claudia zusah, wie er in der Ferne verschwand, war sie vor Schock wie gelähmt.
NEIN!
Sie konnte Anthony nicht kampflos gehen lassen!
Claudia gewann ihre Fassung zurück, raffte ihr Hochzeitskleid hoch und rannte ihm hinterher. „Anthony!"
Sie trug High Heels, die nicht richtig passten, und jeder Schritt schmerzte.
Doch Claudia blieb nicht stehen. Sie biss die Zähne zusammen, entschlossen, Anthony einzuholen.
Das Hochzeitsbankett fand im zweiten Stock statt. Als Anthony sich dem Treppenhaus näherte, hörte er Claudias Schreie und hielt kurz inne.
Nach kurzem Zögern schritt er zügig aus dem Hotel.
Als Claudia nach draußen kam, überquerte Anthony bereits die Straße.
Ohne eine Pause nahm Claudia die Verfolgung auf.
Als Anthony in sein Auto einsteigen wollte, hallte das Quietschen der Reifen durch die Luft, gefolgt von einem Angstschrei seiner Mutter. "Claudia!"
Claudia, die in ihrem makellosen weißen Brautkleid steckte, wurde von einem schwarzen Fahrzeug angefahren. Ein stechender Schmerz schoss von ihrem Schienbein auf und durchzuckte ihren ganzen Körper.
Claudia wurde zu Boden geworfen und ihr weißes Kleid war augenblicklich mit Blut befleckt. Ihre Arme erlitten zahlreiche Prellungen. Die Braut, einst ein Sinnbild der Schönheit und Anmut, war nun eine Vision des Chaos und des Leidens.
Claudia stützte sich mit aller verbliebenen Kraft auf ihre Hände und versuchte, aufrecht zu sitzen. Sie biss sich auf die Lippe und richtete ihren Blick auf Anthony, der neben seinem Auto stand.
Ihre Lippen blieben verschlossen, doch ihre tränengefüllten Augen flehten ihn stumm an.
Würde er bleiben?
Würde er sie dieses Mal Delilah vorziehen?