Als sie schließlich begriff, dass es kein Entkommen gab, presste sie die Kiefer zusammen und versuchte, ihre Angst zu verbergen. Mit trockener, gebrochener Stimme murmelte sie: „Bitte benutz wenigstens Kondom.“
Der Mann über ihr hielt einen Moment inne, sagte jedoch kein Wort. Stattdessen wurde er nur noch brutaler.
Wie viel Zeit verging, wusste sie nicht – aber irgendwann war es vorbei. Völlig erschöpft verlor sie das Bewusstsein.
Am nächsten Morgen, als sie aufwachte, war es still in der Suite. Das zerwühlte Bett und die Schmerzen in ihrem Körper machten unmissverständlich klar – es war kein Albtraum gewesen.
Es war wirklich passiert. Alles war geplant gewesen. Was eigentlich nur ein normales Geschäftsessen sein sollte, war eine Falle gewesen. Man hatte ihr ein Glas nach dem anderen gereicht, bis sie kaum noch wach bleiben konnte – dann schickte man sie in dieses Zimmer, um sie auszunutzen.
Gestern Nacht, als ihr im Halbschlaf dämmerte, dass sie hereingelegt worden war, hatte sie an Julian Nash gedacht – ihren Ehemann, der gerade von einer Geschäftsreise zurückgekehrt war. Immer wieder hatte sie ihm geschrieben, ihn ununterbrochen angerufen. Als er schließlich abhob, war seine Stimme kalt und abweisend: „Ich bin beschäftigt. Ruf die Polizei.“
Selbst jetzt klangen seine Worte in ihren Ohren nach. Mit nur einem Satz hatte er all die Liebe zwischen ihnen und den letzten Rest ihres Stolzes zertrümmert. Ein bitteres Lachen entwich ihr, während ihr Herz langsam taub wurde.
Langsam schob sie die Decke zur Seite und stand auf. In diesem Moment fiel eine Visitenkarte vom Bett auf den Boden. Sie blieb stehen. Langsam hob sie sie auf – und als sie das Logo sah, gefror ihr das Blut in den Adern. Sie stammte von der Nash-Gruppe.
Das Zimmer in letzter Nacht war in undurchdringliche Dunkelheit gehüllt gewesen, sie hatte das Gesicht des Mannes nie gesehen. Aber bei allem, was sie sich hätte vorstellen können – niemals hätte sie gedacht, dass der Mann von letzter Nacht mit Julians Firma in Verbindung stand. Könnte Julian etwas damit zu tun haben?
…
Als Katherine nach Hause kam, sah sie ein Paar Schuhe, das sie nur allzu gut kannte – Julian war zurück. Sie hielt inne, atmete tief durch und ging nach oben.
Julian kam gerade aus dem Badezimmer, bekleidet mit einem frischen Bademantel. Selbst in so etwas Einfachem strahlte er diese natürliche Selbstsicherheit und Eleganz aus. Sein Haar war noch feucht, seine Gesichtszüge markant, und er bewegte sich mit der gewohnten kühlen Distanz.
Sein Blick fiel auf Katherine, und ein kaum sichtbares Stirnrunzeln erschien. Sein Blick war kalt, distanziert. Vielleicht sogar verächtlich. „Was ist?“, fragte er tonlos.
Katherine sah ihn nur an.
Sie hätten nie zusammenkommen dürfen. Ihre Welten lagen zu weit auseinander. Vor drei Jahren, als Julians Vater, Laurence Nash, im Sterben lag, war sie die Knochenmarkspenderin, die ihm das Leben rettete. Als Gegenleistung versprach Laurence ihr einen Wunsch. Diesen Wunsch nutzte sie, um Julian zu heiraten.
Damals war sie jung und naiv. Sie glaubte, sie könnte es schaffen – dass sogar ein emotional verschlossener Mann sich mit der Zeit öffnen würde. Doch für Julian war sie nichts weiter als eine Opportunistin.
Er verachtete sie. Drei Jahre lang erwartete er, dass sie sich um ihn kümmerte, ihn umsorgte – ohne sie je wirklich als seine Frau zu sehen.
Und Katherine hatte all das klaglos hingenommen. Nachdem ihre Familie zerbrochen worden war, war Julian nicht nur ein Dach über dem Kopf – er war Hoffnung. Sie wollte, dass er sie lieben könnte. Und egal wie kalt er war, redete sie sich immer wieder ein, dass alles gut sei. Doch nach letzter Nacht hatte sie nichts mehr zu geben.
Sie wusste noch immer nicht, ob Julian etwas mit dem Geschehenen zu tun hatte. Aber sie hatte das Gefühl, dass seine Familie irgendwie darin verstrickt war. Eigentlich war sie in dieses Haus gekommen, um ihn zur Rede zu stellen – doch als sie ihn jetzt vor sich sah, wusste sie bereits: Am Ende würde nur ihr Stolz in Trümmern liegen.
Ihre Stimme klang rau und angeschlagen von all dem, was sie durchgemacht hatte: „Julian…“
Doch er warf ihr keinen einzigen Blick zu. Stattdessen ging er zum Kleiderschrank und griff nach dem Hemd und der Krawatte, die Katherine ihm wie jeden Morgen zurechtgelegt hatte.
Mit dem Rücken zu ihr sprach er kalt und gleichgültig: „Hör auf, da rumzustehen. Mach Frühstück. Ich gehe in einer halben Stunde.“
Katherine rührte sich nicht. Sie blieb standhaft, ihre Stimme leise, aber fest: „Julian, lass uns scheiden.“